15. Februar 2023

TM versus Achtsamkeit – Unterschiede

Wie eine Achtsamkeits-Trainerin Transzendentale Meditation erlebt

Achtsamkeit und die Technik der Transzendentalen Meditation (TM) stammen aus jeweils unterschiedlichen Traditionen: jene aus der des Buddhismus, diese aus der Vedischen Tradition. Wichtiger aber ist: Sie verfolgen unterschiedliche Ziele.

Achtsamkeit: Zwar gibt es viele Variationen von Achtsamkeit. Das verbindende Ziel aber ist, den Geist darin zu üben, im »Hier und Jetzt« zu bleiben, im jeweiligen Moment. Man wendet sich Gedanken und Eindrücken bewusst zu, ohne sie zu bewerten.

Transzendentale Meditation: Hier gibt es nur eine Version. Diese Technik dient dazu, die Aufmerksamkeit vom Denken weg nach innen zu lenken. Irgendein Hauptaugenmerk oder Konzentration spielen dabei keine Rolle.

Dr. Donna Rockwell, klinische Psychologin und Achtsamkeits-Trainerin aus Pontiac, Michigan, USA, hatte kürzlich die TM-Technik erlernt. Sie sprach mit Bob Roth, dem Autor von Strength in Stillness (das im September 2018 im Kamphausen-Verlag auf Deutsch erschienen ist). Ihre erste Erfahrung mit Achtsamkeit beschreibt sie so:

»Mein erster Kontakt mit Achtsamkeit kam über einen Lehrer, der sich eingehend mit der Shambala-Meditation befasst hatte. Er instruierte mich in meditativer Aufmerksamkeit, und ich war gehalten, mit ihm zusammen fünf Minuten zu sitzen. Nach dreißig Sekunden war mir, als platze mir der Kopf. Nein, das konnte ich nicht. Nicht um alles in der Welt. Ich sah, dass ich viel zu sehr der Alpha-Typ bin. Dass in mir keinerlei Ruhe war, verstörte mich so sehr, dass ich mich fortan ganz der Praxis der Meditation widmete. (…)

Man sagt, der Geist sei wie ein wildes Pferd, das in einem viel zu engen Gehege andauernd bockt. Das Ziel von Achtsamkeit ist, die Koppel zu vergrößern und eine weite, offene Weide zu schaffen, in der man den Geist darin trainiert, immer wieder zurückzukommen zum jeweiligen Moment. (…)

Nach zwanzig Jahren der Achtsamkeits-Praxis gelingt es mir nun mehr, im Hier und Jetzt zu sein: Dank all meiner Stunden und Stunden und Wochenenden und Tage, in denen ich nur dasaß und auf einen Fleck auf dem Fußboden geschaut hatte. Es gelingt mir jetzt mehr, den präfrontalen Kortex meines Gehirns zu aktivieren und mir bewusst zu sein, wenn ich in eine Amygdala-Situation hineinrutsche.«

Mit »Amygdala-Situation« meint sie: Während der präfrontale Cortex (dt.: vorderer Stirnlappen) u.a. der Vernunftsteuerung dient, befasst sich die im Inneren des Gehirns gelegene Amygdala (dt.: Mandelkernkomplex) mit der »emotionalen Bewertung und Wiedererkennung von Situationen sowie der Analyse möglicher Gefahren« (Wikipedia).

Eine der häufigsten Aussagen neuer TM-Meditierender ist, wie leicht Transzendentale Meditation ist. Donna Rockwell drückt das ähnlich aus, wenn sie die Achtsamkeits-Praxis eher mit einem »Ausbildungslager« vergleicht, während sie die TM-Technik als »eine vollständig andere Sache« bezeichnet.

»Während meiner Meinung nach Achtsamkeit ›Geistestraining‹ ist, ist TM eher so, als wenn man seinen Geist in ein Heilbad schickt. Vom allerersten Mal an fühlte es sich so an, als lege sich mein Gehirn in ein wunderbar warmes Bad. Mein Gehirn beruhigt sich und findet zurück in einen Zustand der Homöostase, des Gleichgewichts. Und dann, nach zwanzig Minuten, kehre ich in mein Leben zurück: erfüllt mit mehr Frieden und Wohlsein.«

Außerdem fiel Donna Rockwell auf, wie sehr sich Achtsamkeits-Retreats von der TM-Praxis unterscheiden:

»Wenn man zu einem Achtsamkeits-Retreat geht, sitzt man vierzig Minuten da; dann geht man etwa zehn Minuten spazieren. Dann wieder vierzig Minuten sitzen und wieder zehn Minuten gehen. Wieder vierzig Minuten sitzen, wieder aufstehen. Und während all dessen das Wahrnehmen der umherwandernden Gedanken, und immer wieder zurückkehren zum momentanen Augenblick. Wie gesagt: Ausbildungslager.«

Im Gegensatz dazu TM:

»TM sagt, ›Du hast jetzt all die Jahre so hart daran gearbeitet, ein erleuchteterer Mensch zu sein. Und hier ist jetzt eine Meditationspraxis, bei der Du einfach nur zwanzig Minuten lang sitzen brauchst und dadurch ganz natürlich erfrischt herauskommst, einfach, weil Du Deinem Geist erlaubt hast, zur Ruhe zu kommen.‹ Natürlich, man denkt sein Mantra. Aber man muss sich dabei nicht anstrengen. Dein Geist geht dorthin, wo er hingehen will: zu etwas Befriedigenderem. Und dann, nach den zwanzig Minuten dieses geistigen Heilbads, kehre ich in meinen Alltag zurück, bin revitalisiert und bereit für das, was auf mich wartet.«

TM ist wie ein Spa
TM wird mit einem Spa, einem Heilbad, verglichen

Quelle: Bob Roth "Strength in Stillness" – Deutsch: Still werden – Kraft tanken. Kamphausen 2018


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